Tanabata Festival in Sendai
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Diesmal gibt es einen Bericht über eine Besonderheit der Stadt Sendai. Eigentlich ist Sendai mit über 1 Mio. Einwohnern eine normale moderne Großstadt. Bevor ich hier herkam dachte ich mir, das könnte ein Problem werden, weil ich Großstädte eigentlich nicht mag. Man hat mir aber dann mal gesagt, Sendai sei nicht besonders groß, da gibt es wohl noch eine Menge größerer Städte. Meine Geographiekenntnisse waren ja noch nie besonders gut und daher hat mich das ein bisschen erstaunt. Seitdem ich hier bin, habe ich aber den Eindruck das es stimmt - mir kommt das ganze für so viele Einwohner im Vergleich zu unseren Verhältnissen doch recht klein vor. Laut Klischee leben die Japaner ja sehr platzsparend, was in diesem Fall sicher zutrifft. Obwohl es komischerweise außerhalb des Stadtzentrums kaum Hochhäuser gibt. Man könnte ja denken, es spart ne Menge Platz, wenn man die Leute übereinander stapelt. Vermutlich ist das hier aber keine so gute Idee, denn es gibt öfters mal Erdbeben und Taifun-Stürme usw. Letzte Woche Montag hatten wir hier ein kleines Erdbeben, hat irgendwie alles wie auf einem Schiff geschwankt. Aber grad so, das es ich es mitbekommen habe. Das letzte Erdbeben davor war gleich nach meiner Ankunft hier, ich habe das aber nicht wahrgenommen.....war wohl zu schwach.

Wenn man tagsüber durch die Innenstadt geht, sind natürlich eine Menge Leute unterwegs. Allerdings hatte ich mit ewig großen Menschenmassen gerechnet, was aber nicht der Fall ist. Kann man vielleicht mit der Fußgängerzone in einer mittelgroßen Stadt in Deutschland vergleichen. Einmal im Jahr ist das allerdings ganz anders. Da ist die Innenstadt so voll mit Leuten, das man eigentlich nirgends wirklich mehr umfallen könnte. Man kommt auch nur im Schneckentempo voran. Dieses Jahr sollen (auch wegen dem schönen Wetters) 2 Mio. (!) Gäste da gewesen sein. Anlaß dazu ist das sogenannte "Tanabata-Festival", zu dem viele Touristen und Japaner aus dem ganzen Land nach Sendai kommen.

Das Fest findet immer so zu Anfang August statt (meist 5.-8. August, meine Ankunft hier war also recht gutes Timing) und dauert 3,25 Tage:-). Am Abend des ersten Tages (der zählt daher auch nur zu 25%) gibt es ein großes Feuerwerk. Prof. Sato meinte zu mir, man könne daran die wirtschaftliche Situation der Stadt recht gut abschätzen. Wenn es gut aussieht, geht das Feuerwerk eben mal 3h und länger. Wenn wenig Geld da ist, dann ist nach 1,5h Schluß:-) Diese Jahr war es wohl recht gut gelaufen, die ganze Sache hat über 2h bedauert. Das ganze ist wunderschön anzusehen und ein bisschen wie die Akte in einer Oper aufgeteilt. D.h. es gibt verschiedene Abschnitte mit kurzen Pausen und einige Höhepunkte. Unten habe ich einige wenige halbwegs gelungene Photos vom Feuerwerk eingebaut. Leider ist das mit Nachtaufnahmen so eine Sache, die Bilder verschmieren sehr leicht, weil die Optik vergleichsweise lange offen ist, um ein Bild aufzunehmen. Da ich mich mit den ganzen Experteneinstellungen meiner Kamera noch nicht weiter beschäftigen konnte, sind die meisten meiner Bilder leider nix geworden. Diese Unwissenheit ist mir später gleich noch mal auf die Füße gefallen, nämlich bei den Aufnahmen zum Festumzug. Am besten ihr kommt selbst mal her und schaut euch das "in wirklich" an*g*. Das Feuerwerk war an dem Abend, an dem wir die kleine Grillparty (siehe letzten Bericht) gefeiert haben. Hätte eh keinen Zweck gehabt, vom Campus runter kommen zu wollen. Die Innenstadt ist während des Feuerwerks hoffnungslos mit Leuten überfüllt.

Feuerwerk 1 Feuerwerk 2 Feuerwerk 3
Feuerwerk 4 Feuerwerk 5

Galerie: Tanabata-Feuerwerk


Gegen 21 Uhr war dann das Feuerwerk vorbei. Um Mitternacht herum wandelt sich dann das Stadtbild. Überall in den Straßen hängen die Leute (meist die Inhaber von Geschäften) kunstvoll verzierte Gebilde aus Papier, Pappe und ähnlichem Kram auf. Besonders in der Einkaufsstraße "Itschibantscho" hängen hunderte dieser Girlanden dicht an dicht - jeder der Läden in der Straße hat eine eigene Reihe gestaltet. Was genau diese Girlanden symbolisieren weiß ich nicht, jede hat aber ihr eigenes Thema. Das ist glaube ich auch eine Art des traditionellen Kunsthandwerks und ich vermute mal, es könnten stilisierte Bäume sein (Sendai trägt auch den Beinamen "City Of Trees"). Jedenfalls ist an den folgen 3 Tagen Volksfeststimmung in der Innenstadt. Ist ein bisschen wie Karneval bei uns, hat aber nichts damit zu tun. Die folgende Galerie enthält viele Photos von Itschibantscho und den Girlanden. Ich habe mal ein paar Photos ausgewählt, um euch einen Eindruck zu vermitteln. In den paar Tagen entstanden noch viel mehr Photos. Allerdings kann und will ich die insgesamt über 200 Bilder auch nicht online stellen. Die Bilder könnt ihr natürlich gerne bei mir anschaun, wenn ich wieder zurück bin;-)

Sendai Station, geschmückt Infostand Sendai Station Kleine Schmuckgirlanden sind überall
....auch an den Ampeln Viele Leute in Itschibantscho Es war ziemlich eng und überall geschmückt
Girlanden in Itschibantscho 1 Girlanden in Itschibantscho 2 Girlanden in Itschibantscho 3
Girlanden in Itschibantscho 4 Etwas mehr Detail, war bestimmt viel Arbeit Die Motive sind zum Teil sehr unterschiedlich
Wirklich viele interessante Motive Schaut mal wer da hängt;-)

Galerie: Itschibantscho und geschmückte Innenstadt


Man konnte auch viele Leute in traditioneller Kleidung sehen, es gab viele Buden und Stände mit allem möglichen von Essen und Trinken bis hin zu kunstvollen Stoffen oder einfach nur Turnschuhen. Ein paar Beispiele sind in der nächsten Galerie zu sehen. Ist man ja eigentlich von einem Volksfest gewöhnt......aber als Europäer kommt man trotzdem ins Staunen, weil die Sachen, die da so angeboten werden schon teilweise recht ungewöhnlich sind. Insgesamt war es überhaupt schwer zu entscheiden, wo man zuerst hinschaun sollte. Ich bin eigentlich kein Typ für Volksfeste oder dergleichen, aber es ist trotzdem sehr interessant zu beobachten, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu unseren Gepflogenheiten. Es geht hier nach meiner Meinung bunter und ausgelassener als bei uns zu (obwohl es so gut wie keine Stände mit alkoholischen Getränken gab). Und mir ist extrem aufgefallen, das ich trotz der Menschenmassen und der Enge niemanden gesehen habe, der gedrängelt hätte. Normalerweise wird sowas ja schnell stressig. Hier hat man sich halt mitten im Strom der Leute hingestellt und seine Familie vor dem Hintergrund des Schmuckes fotographiert. Die Leute sind halt drumrum gelaufen oder auch mal durchs Bild bzw. haben gewartet. Scheint keinen gestört zu haben. Btw, ich hab eine Menge Leute gesehen, die ihr Handy zum Bilder machen genutzt haben. Die Japaner sind insgesamt doch viel mehr auf Bequemlichkeit bedacht, als man das gemeinhin vermuten würde. Ich frage mich allerdings, wie die Qualität der Bilder sein soll, denn teilweise war es schon mit meiner (guten) Kamera schwer, ein Motiv ordentlich aufzunehmen. Naja, hier gibts ja schon Handies mit 3-Megapixel-Kamera (üblich sind bei uns glaube ich so 0,3 MPixel bis 1 MPixel).

Stand mit Kokeshi-Puppen Nochmal Puppen, sehr detailreiche Arbeit Eine Gruppe von Straßenmalern
Was zu essen gabs nat. auch Ein Stand mit Köstlichkeiten Was es da wohl gibt?
Spielzeug gabs nat. auch Mit den 2 Typen konnte man sich fotographieren lassen

Galerie: Buden und Straßengeschäfte


Daneben waren auch einige Schauspielgruppen und Performance-Künstler in den Fußgängerzonen unterwegs. Eine Sache fand ich besonders gut. Nachdem eine Gruppe von jungen kostümierten Leuten ein kleines Schauspiel auf geführt hatten(wir kamen grad dazu), kam ein als Pilot verkleideter Mann in die Mitte des Platzes. Er hatte eine Pfeife und eine Menge Klamotten an (wie sich rausstellen sollte). Er hat verschiedene Geschichten erzählt bzw. Witze gemacht und Statements abgegeben. Aber nicht in konventionellem Sinne. Den Text hatte er auf seine Kleidungsstücke geschrieben - Ärmel, Rücken, Unterhose, Strümpfe usw. Er hat sich stückweise ausgezogen und dabei teilweise recht akrobatische Verrenkungen benutzt, um einen Text zusammenzubauen. Jedes mal, wenn es seine Position geändert hat (nach jedem Pfiff), ergab sich ein anders zusammengesetzter Text. Leider hab ich keine Ahnung worum es ging....aber die Zuschauer(innen) haben des öfteren gekichert und gelacht. Ich denke mal es soll eine Art moderner Harlekin gewesen sein. Ging insgesamt ne halbe Stunde so und sah echt klasse aus. Ich hab ein paar Szenen in der nächsten Galerie festgehalten.

Das ist der gute Mann.... Ein sehr sportlicher Typ:-) Unheimlich viele Klamotten.....
....und Textkombinationen Teilweise ganz schön anstrengend

Galerie: Street-Performance


Am späten Nachmittag gab es jeden Tag eine Parade, bei der verschiedene Gruppen Tänze, Sport und Musik aufgeführt haben. Dabei war vor allem viele Tanzeinlagen mit Fächern oder Fahnen zu sehen. Von älteren Leuten bis hin zu Kindern war alles vertreten, sowohl Männer als auch Frauen. Einige der Vorführungen haben sicher auch mit verschiedenen Berufsgruppen zu tun gehabt. Verschiedene Orchester haben dazu Musik gemacht. Allerdings hätte ich etwas mehr unbekannte Klänge erwartet....diese kam aber eher vom Band und nicht von den Orchestern, schade. Naja, eine Ausnahme gibt es dazu. Zwischenzeitlich wurden Ereignisse mittels Trommeln angekündigt. Ich habe den Trommler auch auf zwei Bildern mit drauf. Der hat ganz schön zu tun gehabt, ich nehme an, daß das auch ein besonderes Training erfordert. Er war sehr weit weg von mir im Halbschatten der Bäume, daher sind die Bilder nicht so scharf. Insgesamt sind mir die Bilder von der Parade nicht so toll gelungen. Ich stand ein paar Reihen weiter hinten und musste mit recht viel Zoom aufnehmen, zudem wurde es gegen Ende dunkel. Die Leute haben sich natürlich auch schnell bewegt, daher sind viele Bilder unscharf oder verrauscht. Ich hab dann doch angefangen mit den Einstellmöglichkeiten der Kamera rumzuspielen. Gerade rechtzeitig zum Ende der Parade hatte ich dann eine brauchbare Kombination rausgefunden....hätte man sich vorher mal mit beschäftigen sollen*g*

Fächertanzgruppe Kostümierte Männergruppe Kindertanzgruppe
Jugendorchester Weitere Tanzgruppen 1 Nahezu jedes Alter war vertreten
Weitere Tanzgruppen 2 Weitere Tanzgruppen 3 Die Männer haben meist Demonstrationen aufgeführt....
....teilweise auch mit Tänzen kombiniert Ein Fackelzug kündigt etwas an Der Mann hier hat durch die Parade geführt
Fahnentanz mit Orchester 1 Fahnentanz mit Orchester 2 Der Trommelmeister, zu Beginn war er noch angezogen....
....irgendwie ist ihm wohl doch warm geworden:-)

Galerie: Tanabata-Parade


Die Parade hatte zum Ende auch einen Höhepunkt. Dieser hat direkt mit dem Hintergrund des Tanabata-Festivals zu tun. Das ist nicht einfach so ein Volksfest. Es geht dabei um die Geschichte eines Liebespaars (wie könnte es auch anders sein) - einen Prinz und eine Prinzessin. Beide sind leider voneinander getrennt, und dürfen sich nur einmal im Jahr für einen Tag lang sehen. Zur Feier dieses Treffens richtet das Volk das Tanabata-Fest aus. Bei dem Prinz und der Prinzessin handelt es sicher aber nicht um geschichtliche Personen, sondern viel mehr um Himmelsgebilde, die sich nur in einer Nacht im Jahr nahe kommen. Diese Sachen hat mir übrigens einer meiner direkten Zimmernachbarn aus dem Wohnheim erzählt. Er heißt Diguet und kommt aus Frankreich (nebenbei: der nächste Nachbar neben ihm heißt Darek und kommt aus Polen, also die Reihenfolge der Zimmer hat zwar net ganz gestimmt, aber irgendwie kommt einem das mit den Nachbarn bekannt vor:-) Diguet hat hier ein 3-monatiges Praktikum an der Tohoku-Universität gemacht, im Rahmen eines Austauschprogramms zwischen Sendai und Rennes (sind ja Partnerstädte). Er hat mir ein bisschen geholfen, hier im Wohnheim zurecht zu kommen und ein paar Sachen in Sendai gezeigt, wo man gut einkaufen kann usw. Leider ist er schon wieder abgereist. Ein Bild von ihm und mir ist in der nächsten Galerie zu sehen. Wir sind zusammen auf dem Festival unterwegs gewesen. Dazu gibts nochwas interessantes zu den Girlanden zu sagen. Wir sind fast durch die komplette Itschibantscho gelaufen. Ab einer Ecke gab es Girlanden mit vielen Zetteln. Dort konnte man für eine kleine Spende einen solchen Zettel mit einem Wunsch beschreiben. Der Zettel wurde dann an die Girlande geheftet und der Legende nach geht der Wunsch dann in Erfüllung. Wir haben das mal gemacht und dabei ist das Photo entstanden. Aber zurück zu dem Liebespaar. Diguet war sich nicht sicher, aber er sagte es handelt sich um Vejar und Atair. Dazu gab es eine geschmückte Illustration der Sternenbilder an der Hauptkreuzung der Einkaufsstraße - sie ist auch in der Galerie zu sehen. Ich hatte bisher leider keine Zeit, zu prüfen ob das stimmt. Habe es auch immer wieder vergessen zu fragen. Wer sich mit Astronomie gut auskennt, kann mir ja mal bescheid geben, ob das stimmen kann.... Zum Ende der Parade platzieren sich die Tanzgruppen entlang der Straße und setzen sich sozusagen als Rahmen um die Bäume. Zu verschiedenen Seiten der Bäume kommen der Prinz und die Prinzessin ihrer getrennten Wege daher, um auf dem Hauptplatz dann endlich zusammenzutreffen. Die beiden Protagonisten führen einen schönen Tanz als letzten Höhepunkt der Parade auf. Zu dem Zeitpunkt war es schon dunkel und daher ergab eine wunderbare Atmosphäre.....

Die Tanzgruppen säumen die Straßen Auch auf dem Hauptplatz wird es ruhig Die Prinzessin tanzt heran
Auch der Prinz ist auf dem Weg Die beiden treffen aufeinander.... ....und führen einen Tanz auf
Die Freude ist natürlich groß, man darf sich endlich sehen Ende gut, alles gut Diese Tafel stellt die Geschichte dar und zeigt die zugehörigen Sternbilder
Das sind die Girlanden mit den Wunschzetteln Diguet und ich, wir haben beide einen Wunsch angeheftet

Galerie: Höhepunkt der Parade


Das wars auch schon von mir. Diesmal waren es ein paar mehr Bilder und weniger Text als beim letzten Bericht. Bilder eignen sich in dem Fall auch viel besser als Beschreibung. Ende September werde ich mit einigen anderen Studenten aus unserem Labor auf eine kleine Studienreise in einen anderen Teil Japans gehen - nach Hokkaido im Norden Japans. Wir haben dort zwar auch Vorlesungen (in japanisch, also eher nix für mich), aber wir werden auch ein bisschen die Gegend erkunden usw. Ich denke mal das gibt dann den nächsten Bericht. Für diejenigen, die sich für meine Eindrücke beim Einkaufen interessieren, wird es wohl noch etwas länger dauern. Ich weiß nicht, wann ich mal dazu kommen ein paar Bilder zu machen...... Ab und zu versuche ich natürlich auch, mit den Leuten aus dem Wohnheim oder Labor wegzugehen. Ma schaun, ob das Thema einen weiteren Bericht hergibt. Neben der Tatsache, das Ausgehen natürlich einiges an Geld kostet, ist die Zeit der anderen und auch meine Zeit doch recht beschränkt. Es ist genau wie bei uns: mal alle auf einen Fleck zu einer Zeit zusammen zu bekommen ist aussichtslos.....ihr wisst ja wie das ist. Anyway, lasst es euch gut gehen und schaut ab und zu mal auf der Webseite vorbei;-)

LG Ralf (email-Kontakt)

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